Vor nunmehr fast genau einem Jahr (Im Januar 2022) hatte ich die Gelegenheit einen Punkt von meiner persönlichen Bucket List abzuhaken: Einen TED(x) Talk halten. Das war zwar kein fester Punkt, aber er schwirrte immer in meinem Hinterkopf rum, weil es eine tolle Gelegenheit ist, eine eigene Mission in die Welt hinaus zu tragen. Und als ich für das t3n Magazin interviewed wurde und gefragt wurde, was ich immer mal machen wollte, sagte ich genau das: Einen TED Talk halten.
An der Stelle ein kleiner Exkurs: Es gibt einen kleinen Unterscheid zwischen TED und TEDx Talks. TED Talk sind die »Großen«, während TEDx kleine unabhängige Talkreihen sind, für die sich Veranstalter bewerben können.
Das wiederum las Roland Donner, der TEDx Moers mit organisiert und so nahm alles seinen Lauf – inklusive einer Pandemie, die dafür sorgte, dass es zweimal verschoben werden musste.
Aber im Januar 2022 war es dann soweit: Trotz Pandemie und unter strengen Corona-Vorschriften fand die Veranstaltung endlich statt.
Zum 1. Geburtstag dachte ich, ich nehme euch hier mal mit wie ich mich auf den Talk (wie übrigens auf alle Talks, die ich gebe) vorbereite. Denn es wird dich wenig überraschen – Sketchnotes spielen eine wichtige Rolle dabei.
Auf einen Talk vorbereiten – Erste Schritte
Es gibt recht viel Material darüber, wie gute Vorträge aufbereitet sind, z.B. von Nancy Duarte, die einen eigenen TED Talk darüber gehalten hat. Auch wenn ich die Idee dahinter grundsätzlich verstehe, kann ich dem Aufbau aber nicht so viel abgewinnen. Ich finde es zu sprunghaft und mir fehlt da der rote Faden.
Ich habe mir dann einige Talks angeschaut bevor ich selbst angefangen habe. Allerdings habe ich schnell gemerkt, dass mich das eher blockiert als weiter bringt. Der Grund ist der: Ich wusste eigentlich, was ich sagen wollte, ich musste es nur noch formen.
Und deswegen bezeichne ich das hier mal als Schritt 0: Deine Aussage schärfen.
In meinem Fall war ganz klar, worüber ich reden würde, denn ich habe eine Mission: **Jeder kann zeichnen, jeder sollte zeichnen** und mit ein paar einfachen Anleitungen ist das gar nicht so schwer.
Von da geht es zu Schritt 1.
Schritt 1: Ideen sammeln
Mit dieser Phase pflege ich eine kleine Hassliebe. Zum einen weil ich es sehr mag, ganz wilde rohe Ideen zusammen zu tragen. Das mache ich z.B. mit kleinen Zeichnungen, Textinfos, Post-Its, Apps usw.
Weil Ideen Bekannterweise immer dann kommen, wenn man den Kopf wirklich frei hat, musste das in einem Format sein, dass ich viel dabei habe und das ist bei mir mein Skizzen- bzw. Notizbuch. Wenn ich es nicht dabei habe, dann muss es zur Not eine schnelle App Notiz im Smartphone tun, die ich dann später übertrage.
Das Ergebnis dieser Phase sieht wie Kraut und Rüben aus und hat oft wenig Zusammenhänge. Zumindest an diesem Punkt, denn es geht wirklich erstmal darum eher alles zusammen zu tragen.
In einem nächsten Schritt mache ich dann mit hellen Stiften kleine Highlights: Das ist wichtig, das ist vielleicht nicht so wichtig usw.
Schritt 2 – Storytelling aufbauen
Nun wird es Zeit, Sinnvolles aus diesen Notizen raus zu ziehen und eine Struktur aufzubauen. Ich folge da dem ganz klassischen Storytelling-Weg: Alles hat ein Anfang, eine Mitte und ein Ende 🙂
Du lachst jetzt vielleicht, aber dieser rote Storytelling Faden hilft mir, den Aufbau fest zu halten.
Ich fange an, ganz grob bestimmte Punkte aus meinen Notizen an diesem »roten Faden« entlang zu sortieren und schaue schon mal, was eine gute Geschichte ergeben würde:
- Macht dieser Punkt vor dem Sinn?
- Ist er Teil der Mitte oder ein Opener?
- Habe ich dazu ein Beispiel (quasi Proof of Conzept), das ich einflechten kann?
- Will ich Interaktionen einbauen, also das Publikum mitzeichen lassen?
Usw.
Schritt 3 – Geschichte rund machen
Nun mache ich mir zu jedem einzelnen dieser Schritte Notizen – visuelle und textliche (also Sketchnotes). Die sehen wahnsinnig unruhig und chaotisch aus. Aber: Für mich funktioniert das, denn das wichtigste ist immer, dass es erstmal »da« ist und danach kann ich dann sortieren.
Manche arbeiten an der Stelle auch mit Post-Its und ordnen diese dann entsprechend an. Diesen Schritt überspringe ich aber weil ich recht schnell zu Schritt 4 übergehe.
Schritt 4 – Slides aufbereiten
Das ist wahrscheinlich mit mein Lieblingsschritt, denn hier zeichne ich schon viel. Noch sehr schnell und »rau«, aber wenn Bilder ins Spiel kommen, wird alles greifbarer für mich. Berufskrankheit eben.
Dafür drucke ich mir A4 Blätter mit mehreren leeren Kästen aus. Jedes ist eine eigene Folie, die gefüllt werden muss. Wobei ich mir vorbehalte, immer noch Sachen hin und her zu schieben. Es ist also nichts in Stein gemeißelt.
Schritt 5 – Slides finalisieren
Nun kommt das, was man in der Gestaltung Reinzeichnung nennt. Und ich revidiere mal meine Aussage aus Schritt 4 – das ist mein Lieblingspart. Hach, ich zeichne einfach gerne.
In dem Teil zeichne ich die richtigen Slides, also die die am Ende zu sehen sind und meine Geschichte untermauern.
WICHTIG: Ich reduziere den Text dabei aufs Wesentliche bzw. versuche ganz darauf zu verzichten. Unser Gehirn kann nicht gleichzeitig zuhören und lesen. Das möchte ich immer all den Leuten sagen, die ihre Powerpoint Folien mit Text voll knallen. Klar kann das Sinn machen, wenn man sie hinterher als Handzettel verschicken will. Wenn man aber die Aufmerksamkeit der Zuhörer haben will, ist das suboptimal.
Jedenfalls zeichne ich hier nun jede Folie einzeln, in meinem Fall digital am iPad, weil ich so die Auflösung des Slides ideal anlegen und es dann fix kopieren kann. Da ich mit Keynote statt Powerpoint arbeite, kann man hier einen sehr geschmeidigen Workflow anlegen.
Schritt 6 – TEDx Talk Probe halten
Wenn nun alles steht und ich mir meine Moderationsnotizen gemacht habe, wird es Zeit alles einmal durch zu sprechen. Das ist manchmal recht schmerzhaft, wenn man z.B. merkt, dass manche Sachen im Mündlichen gar nicht so schlau klingen wie gedacht.
Aber deswegen macht man das an der Stelle, um genau diese Schwachpunkte raus zu finden.
Ich halte den Talk mehrmals Probe, meistens alleine, dann vor kleinem aber ausgesuchten Publikum (= mein Mann). Ich schätze den Blick von außen sehr, denn auch da kommt oft sehr gutes Feedback: Dass manche Sachen in sich nicht so stimmig sind z.B. Oder dass ein bestimmtes Bild gar nicht so leicht verständlich ist wie ich im Prozess dachte. Das kann man dann hier ändern.
Wichtiger ist aber, dass man hier die Zeit überprüfen kann. Hier sei nochmal erwähnt, dass TED und TEDx Talks immer nur 18 Minuten lang sind bzw. sein sollen. Das ist nicht viel und gerade wenn man viel sagen will, ist das eine kleine Herausfordung.
Da ich das aber inzwischen schon ein paar Mal gemacht habe, habe ich ein gutes Gefühl von Inhalten und Zeit. Ich freue mich auch immer wie eine Schneekönigin, wenn ich in Workshops etc. meine Zeit einhalte. Nichts ist schlimmer als endlos zu überziehen und Leuten die Zeit zu stehlen.
Schritt 7 – TEDx Talk vor echtem Publikum halten
Und dann kam er endlich (nach zwei Verschiebungen wegen Corona): der Tag X an dem ich den Talk live vor Publikum halten durfte. Auch da habe ich den Talk noch mehrfach durchgesprochen, nur für mich. Das ist ein bisschen wie auswendig lernen. Irgendwann sitzt es dann eben.
Das TEDx Moers Team war super lieb und hat dafür gesorgt, dass ich mich vor Ort sehr wohl gefühlt habe. Dafür nochmal ein dickes Dankeschön!
Ich war etwas aus der Übung und daher auch ein bisschen aufgeregt. Aber es lief toll, das Feedback war super, alle (hoffe ich) glücklich. Inklusive mir.
Und hier kannst du dir das Ergebnis anschauen (mit lustiger Schnute im Vorschaubild):
Mehr Symbole und Figuren zum Nachzeichnen gibt es hier ↓
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Liebe Nadine, was für ein grandioser Blogartikel – toll, dass Du uns so hinter die Kulissen schauen lässt!!! Falls ich in ferner Zukunft auch mal in die Lage kommen sollte, einen Vortrag halten zu müssen, dann werde ich sicherlich hier wieder reinschauen !
Ich sitze hier gerade und prokrastiniere mich in den Morgen hinein, indem ich Emails lese, die so hereintrudeln, und mich inspirieren lasse von dem, was die anderen so tun … deshalb meine schnelle Reaktion, das musste einfach raus!
Lieben Gruß
Gertrud
Liebe Nadine,
ein toller Artikel! Ich habe ihn neugierig mit und mit steigender Zeichenlust gelesen 🙂 Ich fand vor allem Schritt 2 – 4 so in der Struktur ziemlich cool und werde das für meinen nächsten Vortrag sicher mal ausprobieren 🙂
Danke!
Liebe Nadine
sehr durchdachtes Konzept – für das „Med im Kornfeld“ (vulgo Tedtalk für Medizinberufe 😉 im letzten Jahr habe ich mich da auch durchgeackert (Acker – Kornfeld hahaha), besonders schwierig ist tatsächlich das Zeiteinhalten, vor allem, wenn das Kleinpublikum die Stirn runzelt oder seltsame Fragen stellt ;-))
Danke fürs Einblickgeben.
Grüße, O