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Sketchnotes und schwierige Bildmetaphern

Context is King – Sensible Verwendung von visuellen Bildmetaphern und Symbolen und ihre Grenzen

Nicht immer ist es einfach passende Bild-Symbole für Sketchnotes zu finden, manchmal sind sie auch gänzlich ungeeignet obwohl sie in anderen Kontexten gut funktionieren. Dieser Artikel beschreibt ein paar Beispiele für den sensiblen Umgang mit Symbolen in Sketchnotes.

Kürzlich durfte ich eine Veranstaltung des Deutschen Roten Kreuzes visuell begleiten. In der Veranstaltung ging es darum, wie Geflüchtete in den deutschen Arbeitsmarkt integrieren werden können und Ziel war es, Unternehmen, Geflüchtete und Forschung an einen Tisch zu bekommen und den Status Quo zu diskutieren.

Da ich am liebsten Graphic Recordings für Veranstaltungen mache, die ich auch selbst inhaltlich spannend finde, habe ich hier sofort zugesagt. Die Ergebnisse der verschiedenen Impuls-Vorträge seht ihr am Ende des Posts.

Visuelle Verantwortung in Sketchnotes

Was mir dabei einmal mehr deutlich wurde: Als Sketchnoterin, Graphic Recorderin oder Visualisiererin allgemein haben wir eine visuelle Verantwortung wenn wir mit Bildmetaphern arbeiten – ähnlich wie es Autoren mit Worten haben. Spannend dazu fand ich den Sum of Us – Progressive Styleguide (öffnet ein PDF), der sich dem Thema sprachlich annähert.

Das heißt, wir müssen aufpassen, in welchem Kontext wir uns visuell bewegen und welche Bildmetaphern unpassend oder vielleicht sogar verletztend sein könnten. Z.B. sprach auf der Veranstaltung eine Auszubildende, die selbst als Geflüchtete nach Deutschland kam, darüber wie sie Hilfe annehmen musste. Eins meiner Lieblingssymbole für »Hilfe« ist eigentlich der Schwimm- bzw. Rettungsring, weil er so schön einfach zu zeichnen ist und auch noch ansprechend aussieht.

Aber: Im Kontext mit Geflüchteten, die teilweise traumatische Fluchterfahrungen auf dem Mittelmeer machen mussten (das muss ich hier sicherlich nicht ausführlich darlegen) ist ein Rettungsring völlig unangemessen.

Sketchnotes Symbole Hilfe

Problematische Bildmetaphern

Wichtig vorab: Kontext ist alles! Ein Symbol kann in einem bestimmten Kontext sehr gut funktionieren weil es gelernt und viel benutzt wird (Rettungsring im Business-Umfeld), im anderen völlig unangemessen sein (Rettungsring bei Flucht-Thematiken). Ich habe mich im Umfeld der Visualisiererinnen umgehört und ein paar Szenarien aufgegriffen:

Beispiele:
Internationale Konflikte: Raketen, Männer mit langen dunklen Bärten
Religion: Gott zeichnen
Fleischwaren: Lachende glückliche Tiere, Tiere, die Fleisch essen (z.B. Schweine, die Bacon essen)

Sketchnotes Fleisch

Geschlechter-Gerechtigkeit: Frauen, die Haushalt und Kinderbetreuung übernehmen (Alternative: Putzmänner, Väter zeichnen), nur Männer in Macht- und Chefpositionen

Sketchnotes Geschlechter Gerechtigkeit

Behinderungen: Häufig wird bei Behinderungen mit dem Symbol eines Rollstuhlfahrers gearbeitet, wie man es auch aus Leitsystemen für beispielsweise die Behinderten-Toilette kennt. Das wird dem Thema allerdings nur bedingt gerecht, denn Behinderungen können sehr vielfältig und für Außenstehende auch gar nicht sichtbar sein (z.B. bei Gehörlosen, Autisten etc.). Ich habe mich daher bei einem ähnlichen Thema dafür entschieden einfach nur Menschen zu zeichnen – ohne „sichtbare“ Behinderungen. Bei Bedarf kann dann textlich ergänzt werden, welche Behinderung derjenige hat.

Sketchnotes Behinderung
Beispiel aus einer Sketchnote für den fsf

Wenn es allerdings um konkrete Beeinträchtigungen geht, kann man aber natürlich auch drauf zurückgreifen: Blinden-Abzeichungen, Gehhilfe, Rollstuhl.

Sketchnotes Behinderungen

Depression, Mental Health: Hier sollte man vorsichtig sein und im Sinne von #notjustsad nicht einfach nur traurige Gesichter zeichnen. Dafür habe ich z.B. den Begriff Depression schon mal in einen grauen Schleier eingebettet. Denkbar wären auch Wolken oder Regen wenn man etwas abstrakter werden möchte.

Sketchnotes Depression

Ähnliches gilt für das ganze Mentale-Gesundheit Thema. Häufig bildet man Personen, die verrückt sind mit großen Augen ab, die in verschiedene Richtungen zeigen. Oder die Person macht wilde Bewegungen oder steckt in einer Zwangsjacke. Das kann sehr unpassend sein, wenn es um mentale Gesundheit geht.

Alter: Die Oma mit Dutt und Strickjacke am Rollator oder der gehbehinderte Opa mit Sanitätshaus-Schuhen im Schaukelstuhl sind zwar gängige Bilder wenn es um das Alter oder Renter geht, aber viele heutige Renter sind fit und mobil. Daher hebe ich das Alter häufig mit ein paar Falten im Gesicht, bei Männern mit weniger Haaren und vielleicht einer Lesebrille hervor.

Diversity: Wie ich an dieser Stelle schon beschrieben habe, arbeite ich häufig mit möglichst schlichten Figuren, die weder Geschlecht noch Hautfarbe erkennen lassen. Manchmal ist das aber zu simpel, dann sollte man darauf achten, Diversität bei der Abbildung von Menschen abzubilden: Frauen mit Kopftuch, verschiedene Hautfarben (wenn nur S/W gearbeitet wird, dann Abstufungen von Grau), verschiedene Haarfarben, verschiedene Körperformen, Menschen mit Behinderungen etc.

Sketchnotes Diversity

Sketchnotes vom DRK

Nachfolgend noch ein paar Sketchnotes der Veranstaltung der DRK zum Thema »Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt«. Wir haben während der Veranstaltung entschieden, die Sketchnotes am Ende des Tages zur Reflektion der Inhalte einzusetzen und ich habe spontan erklärt, wie ich an die Visualisierung heran gegangen bin. Das war auch die Grundlage für diesen Artikel.

Sketchnotes DRK

Sketchnotes DRK

Sketchnotes DRK

Sketchnotes DRK

Diese Liste soll eine Diskussionsgrundlage sein. Welche Bild-Metaphern findet ihr in Sketchnotes und Graphic Recordings schwierig?

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13 Kommentare zu “Context is King – Sensible Verwendung von visuellen Bildmetaphern und Symbolen und ihre Grenzen

  1. Deine Auseinandersetzungen und Reflexionen sind unglaublich spannend und sehr durchdacht! Da kann ich mir viel mitnehmen! Danke!

  2. Ich sehe das genauso wie Selina.

  3. Zum Rollstuhl
    Passivität : Griffe hinten, Arme auf den Schoss und gerader Oberkörper
    Aktivität :keine Griffe hinten, Arme nach hinten gerichtet zum Schwung holen und Oberkörper nach vorne geneigt

    Ich empfinde zb den aktiven Rollstuhlfahrer als positives Bild eines teilhabenden Menschen unserer Gesellschaft besser.

  4. Vielen Dank, für den spannenden Artikel! Ich bin verantwortlich für interkulturelle Themen in einem Krankenhaus und da spielen Bilder natürlich ein Rolle. Zukünftig werde ich dieses Thema kritischer betrachten..

  5. Vielen Dank für die kritische und sehr praktische Reflexionen!

  6. Du schaffst es immer wieder noch zwei Schritte weiterzudenken und großartige Lösungen zu zeigen.
    Für mich sind immer wieder gerechte/neutrale Figürchen so wichtig wie schwierig.

  7. Danke, Nadine! Ich gehe davon aus, das Bilder die Sicht der Welt noch stärker prägen als Worte, deshalb finde ich es superwichtig, zu differenzieren.
    Der Vorschlag für „Mensch im Rollstuhl“ entspricht übrigens einer Initiative für ein besseres Piktogramm. Hier mehr dazu: accessibleicon.org

  8. Zur Abbildung Behinderung eine Anmerkung: Bei „Gebärdensprache“ hast du zwei Hände abgebildet, die allerdings nicht gebärden, sondern das Fingeralphabet zeigen (Buchstaben U und T). Der Unterschied: Ersteres ist eine Sprache mit Gebärden für ganze Wörter und eigener Grammatik (und sogar Dialekten), das zweite eben „nur“ Buchstaben, die verwendet werden können, wenn für einen Eigennamen keine eigene Gebärde existiert.
    Wer mehr zu diesem Thema im Zusammenhang mit Visual Recording wissen möchte, kann z.B. mal in einer Suchmaschine in der Bildersuche nach „Gebärdensprache Hallo“ suchen.

    • Es gibt ein international gängiges Zeichen, dass gerne als Symbol für Gebärdensprache verwendet wird: Suche mal nach „I Love you“ (Faust mit ausgestrecktem Daumen, Zeigefinger und kleinem Finger).

      Da die Gebärdensprache ebenfalls visuell ist, ist die Beschäftigung mit ihr ein wunderbares Mittel, die eigene visuelle Sprachkompetenz zu erweitern.
      Beispiele: Deutschland wird als Pickelhaube gebärdet, das Schwein erkennt man am Rüssel, Hund am Halsband, für Berlin zeigt man das Ohr eines Bären, für München die zwei Türme der Frauenkirche …

  9. Philipp Meier

    Zwei Worte: chapeau! 🙂

  10. Hallo, vielen Dank. Ich selbst trage Hijab und mein Mann lässt sich gelegentlich seinen Afro wachsen. Ich bin aufjedenfall noch Visu-Schülerin 😉 und übe mehr durchs abzeichnen als frei aus dem Kopf heraus. Meine Visu-Inspiration nehme ich natürlich aus Visu-Büchern oder Blogs wie deinen 🙂 leider gibt es sehr wenige Vorlagen oder Bilder, auf denen Personen zu finden sind, die so aussehen wie ich und mein Mann und viele Menschen aus meinem Umfeld.
    Ich kann aufjedenfall einiges mitnehmen aus deinen Bilder – danke dafür! Da es aber so viele Stile gibt, wie man sein Hijab tragen kann (habe bestimmt selbst 2-3 Stile wie ich es trage), wäre ich sehr dankbar für noch mehr Content in die Richtung. LG und Respekt vor deinen Visu-Skills!

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